Rezension über:

Judith Pfeiffer / Sholeh A. Quinn (eds.): History and Historiography of Post-Mongol Central Asia and the Middle East. Studies in Honor of John E. Woods, Wiesbaden: Harrassowitz 2006, XX + 604 S., ISBN 978-3-447-05278-8, EUR 128,00
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Rezension von:
Thomas Hayoz
Institut für Islamwissenschaft und Neuere Orientalische Philologie, Universität Bern
Redaktionelle Betreuung:
Stephan Conermann
Empfohlene Zitierweise:
Thomas Hayoz: Rezension von: Judith Pfeiffer / Sholeh A. Quinn (eds.): History and Historiography of Post-Mongol Central Asia and the Middle East. Studies in Honor of John E. Woods, Wiesbaden: Harrassowitz 2006, in: sehepunkte 9 (2009), Nr. 6 [15.06.2009], URL: https://www.sehepunkte.de
/2009/06/13036.html


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Diese Rezension ist Teil des Forums "Islamische Welten" in Ausgabe 9 (2009), Nr. 6

Judith Pfeiffer / Sholeh A. Quinn (eds.): History and Historiography of Post-Mongol Central Asia and the Middle East

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Bei dem vorliegenden Buch handelt es sich um eine Festschrift für John Edmund Woods, Professor für Middle Eastern History an der University of Chicago. Er gilt als ausgewiesener Kenner der Geschichte und Geschichtsschreibung Irans, Anatoliens und Zentralasiens von 1258 bis 1500, der so genannten Late Middle Period der islamischen Geschichte, und seine Publikationen zählen zu den Standardarbeiten in diesem Bereich: Erwähnt seien hier nur seine Monographie The Aqquyunlu. Clan, Confederation, Empire von 1976 [1] und die 1993 erschienene kritische Edition des Geschichtswerkes Tārīḫ-i 'Ālam-ārā-yi Amīnī von Fażl Allāh b. Rūzbihān Ḫunǧī (gestorben 926/1520). [2]

Die in dem Sammelband präsentierten Aufsätze wurden von John E. Woods' Studenten, Kollegen und Freunden verfasst und bilden seine breiten Interessen bzw. seine Lehr- und Forschungstätigkeiten ab. Die Beiträge sind methodisch in der Regel historisch und/oder philologisch ausgerichtet. Vielen ist gemein, dass sie sich nahe an den Quellentexten bewegen und diese einer minutiösen Analyse unterziehen. Mit Ausnahme eines persischsprachigen Beitrages sind sie alle auf Englisch verfasst.

Abzüglich des Vorwortes, in dem die Herausgeberinnen Judith Pfeiffer und Sholeh A. Quinn die Verdienste John E. Woods' würdigen (xiii-xx), ist die eigentliche Festschrift in sechs thematische Blöcke gegliedert. Die sieben Beiträge des ersten Kapitels sind dem Weltreich der Mongolen gewidmet (1-202), während das folgende vier Artikel zur timuridischen Periode umfasst (203-300). Darauf folgen vier Aufsätze zu den Safawiden und ihrem Erbe (301-359) sowie weitere vier Beiträge zur Geschichte der Mamluken (361-447). Die beiden letzten Kapitel umfassen zwei Arbeiten zur historischen Geographie (449-464) und vier Aufsätze zum überregionalen Kulturkontakt und Kulturaustausch (465-554).

Ein ausführlicher und benutzerfreundlicher englischer und ein kurzer persischer Index zum Artikel in persischer Sprache bilden den Abschluss des Bandes (555-604) und machen die vorliegende Festschrift auch als Handbuch nutzbar.

Im Folgenden soll die Diversität der insgesamt 25 Festschriftbeiträge gewürdigt werden: Die verschiedenen Aufsätze decken eine große Themenvielfalt ab. Zeitlich reichen sie von der vorislamischen Periode bis ins 20. Jahrhundert. So untersucht Īraǧ Afšār die Etymologie und historische Lokalisierung des Berges Damandān/Tamandān von vorislamischer bis in die mongolische Zeit (451-457), während Camron Michael Amin den Wandel des Safawidenbildes im Iran des 20. Jahrhunderts von der fortschrittlichen Dynastie in der Pahlawi-Periode zu demjenigen der verwestlichten Tyrannen in der Islamischen Republik aufzeigt (343-359). Der Schwerpunkt der Beiträge liegt allerdings grundsätzlich auf der Late Middle Period von 1258-1500.

Zudem finden im vorliegenden Sammelband viele unterschiedliche Regionen der islamischen Welt Beachtung: Von Kairo über Anatolien, den Iran und Zentralasien - die meisten Beiträge befassen sich mit diesen Gebieten - reicht die geographische Abdeckung mit Muzaffar Alams und Sanjay Subrahmanyams Beitrag zur ethnozentrischen Wahrnehmung des Mogulreiches durch Reisende und Migranten aus dem Safawidenreich (485-528) bis nach Indien.

Ebenso vielfältig wie die vertretenen Regionen sind die Sprachen der jeweiligen Quellen, die für die vorliegenden Studien verwendet wurden. İsenbike Togan beispielsweise stützt sich bei ihrer Studie zum Mongolenstamm der Qonqrat (61-83) unter anderen auch auf chinesische, Peter Jackson bei der Darstellung der Anpassungsfähigkeit der Diplomatie der Mongolen (3-22) zu weiten Teilen auf lateinische Texte. Die Mehrzahl der Autorinnen und Autoren bearbeiten allerdings persische oder aber arabische Quellen.

Unter den analysierten Quellen sind Geschichtswerke und Korrespondenzen äußerst prominent vertreten. Hervorzuheben sind insbesondere die Artikel, in denen die Geschichtsschreibung als solche unter die Lupe genommen wird, wie dies etwa bei Charles Melvilles Untersuchung zur frühen persischen Geschichtsschreibung Anatoliens geschieht (135-166). Aber auch Urkunden, hagiographische Texte, Gedichte, Reiseberichte oder Illustrationen in Handschriften finden in den Beiträgen Beachtung und Verwendung.

Die Aufsätze enthalten in der Regel neue Erkenntnisse oder zeigen neue Facetten auf dem Gebiet der muslimischen Geschichte und Überlieferung auf. Hier seien lediglich zwei Beispiele genannt: Devin DeWeese etwa lenkt das Augenmerk in seiner Arbeit auf ungewöhnliche und wenig bekannte Sufi-Überlieferungen, in denen der Mongolensturm positiv umgedeutet wird und Sufi-Scheiche die Mongolen gar anführen (23-60). Eiji Mano wiederum zeigt auf, dass entgegen bisherigen Annahmen das persische Original des Werkes Wālidīya von Ḫwāǧa Aḥrār (zentralasiatischer Sufi-Scheich im 15. Jahrhundert), das bisher nur in Form von Bāburs Übersetzung auf Čaġatay-Türkisch bekannt war, erhalten geblieben ist (250-266).

In anderen Beiträgen werden Texte einem breiteren Publikum zugänglich gemacht. So erhellt Judith Pfeiffer die mongolisch-mamlukische Korrespondenz Ende des 13. Jahrhunderts und stellt mittels Übersetzung und Kommentierung einen wichtigen Brief daraus eingehend vor (167-202), während Gary Leiser einen türkischen Aufsatz des Historikers Zeki Velidi Togan zu den Briefen von Rašīd ad-Dīn (Wesir und Historiker aus der Ilchaniden-Zeit) ins Englische übersetzt (84-111).

Abschließend lässt sich festhalten, dass die vorliegende Festschrift ein großes Werk im doppelten Sinne ist: Zum einen ist sie, mit 25 Beiträgen auf gut 600 Seiten, sehr umfangreich. Zum anderen ist sie nicht - wie es sonst allzu häufig geschieht - darauf beschränkt, einem großen Gelehrten die Ehre zu erweisen, sondern bringt die historische Forschung mit neuen Erkenntnissen, seien es manchmal auch nur Details, substantiell weiter. Qualität hat bekanntlich ihren Preis. Dies trifft auch auf diesen Sammelband zu, der stolze 128 Euro kostet. Für Bibliotheken lohnt sich diese Investition aber auf jeden Fall.


Anmerkungen:

[1] John E. Woods: The Aqquyunlu. Clan, Confederation, Empire, Minneapolis / Chicago 1976 (überarbeitete und erweiterte Auflage: Salt Lake City 1999).

[2] Faḍlullāh b. Rūzbihān Khunjī-Iṣfahānī: Tārīkh-i 'Ālam-ārā-yi Amīnī, Persian text edited by John E. Woods, with the abridged English translation by Vladimir Minorsky, revised and augmented by John E. Woods, London 1992 [erschienen 1993].

Thomas Hayoz