Rezension über:

Aleš Filip / Roman Musil (eds.): Gabriel von Max (1840-1915), Praha: Arbor vitae 2011, 372 S., ISBN 978-80-87164-63-1, EUR 69,00
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Rezension von:
Caroline Sternberg
Kunstakademie München
Redaktionelle Betreuung:
Hubertus Kohle
Empfohlene Zitierweise:
Caroline Sternberg: Rezension von: Aleš Filip / Roman Musil (eds.): Gabriel von Max (1840-1915), Praha: Arbor vitae 2011, in: sehepunkte 13 (2013), Nr. 4 [15.04.2013], URL: https://www.sehepunkte.de
/2013/04/22987.html


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Aleš Filip / Roman Musil (eds.): Gabriel von Max (1840-1915)

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In den Jahren 2010 und 2011 widmete sich die kunsthistorische Aufmerksamkeit im Rahmen von Ausstellungen und Publikationen an mehreren Orten dem bis zu diesem Zeitpunkt vielfach in Vergessenheit geratenen Erfolgskünstler des 19. Jahrhunderts Gabriel von Max. Der Publikation des Lenbachhauses von 2010 folgten Monografien der westböhmischen Galerie in Pilsen, Tschechische Republik, sowie des Frye Art Museums in Washington, USA. [1]

Der tschechische Buchbeitrag zu Gabriel von Max soll im Weiteren genauer betrachtet werden. Die in tschechischer Sprache erschienene Publikation der westböhmischen Galerie baut mit zahlreichen Verweisen auf dem Band des Münchner Lenbachhauses auf. Dabei konzentriert sie sich auf das künstlerische Werk von Gabriel von Max (9). Seine naturwissenschaftlichen und spiritistischen Interessen, die in München von zentraler Bedeutung waren, werden vor allem in Bezug auf ihre Widerspiegelung in Max' künstlerischen Arbeiten hinterfragt. Nach einem biografischen Teil richtet sich die Betrachtung meist nach der Gattung; so werden die Historiendarstellung, die Porträtmalerei sowie das Genre bei Gabriel von Max in einzelnen Kapiteln behandelt. Dabei steht der Entstehungskontext der in der Folge vorgestellten Werke vielfach im Vordergrund. Darüber hinaus werden einzelne relevante Themen herausgegriffen. Die Maxschen Affenbilder werden neben ihrem rein wissenschaftlichen Hintergrund in die Geschichte der Affendarstellung eingeordnet (178-209). Der Literaturwissenschaftlicher Josef Vojvodík widmet sich ausführlich den von Max gewählten Bildsujets und der Erzählstruktur seiner Werke (210-247, 121-141). Vor allem die Historiengemälde zeigen hier deutlich das Wechselspiel zwischen traditionellen Themen und aktuellem Zeitbezug, das oftmals zu einer "Nichthistorizität der Historienmalerei" führt (247).

Besonders zeichnet den Band die durchgehende Verzahnung zwischen Münchner Szene und böhmischem Hintergrund aus. Gabriel von Max, der 1857 seine Studien an der Prager Kunstakademie begonnen hatte, pflegte auch nach seinem Weggang nach Wien und München den Kontakt zu seiner Heimat, dem Königreich Böhmen. Vor allem in Prag stellte er regelmäßig aus und war auch in böhmischen Kunstjournalen sowohl tschechischer als auch deutscher Ausrichtung stets präsent.

Die ausführlichen Verortungen des Maxschen Werks führen neben Verweisen zum Münchner Hintergrund auch durchgehend Bezüge nach Böhmen an. Auf diese Weise wird beispielhaft deutlich, wie hier die verschiedenen kulturellen Sphären miteinander kommunizierten. So stellt beispielsweise die Statue der gekreuzigten Hl. Kümmernis (tschech. Starosta) aus dem Loreto-Kloster auf der Prager Burg eine wichtige Inspirationsquelle für Max' erstes Münchner Erfolgsbild "Märtyrerin am Kreuz (Hl. Julia)" aus dem Jahr 1867 dar.

Die enge Verbindung zur österreichisch-ungarischen Monarchie, insbesondere dem Königreich Böhmen, wird im letzten Teil der Publikation, der sich mit der Rezeption des Maxschen Werks beschäftigt, direkt thematisiert. Innerhalb der Netzwerke, die dem europaweiten Erfolg des Künstlers zugrunde lagen, spielte der heimatliche Hintergrund eine wichtige Rolle. Dies zeigt sich im Beitrag der Herausgeber, Aleš Filip und Roman Musil, der sich mit in Österreich-Ungarn beheimateten Sammlern und Biografen des Künstlers befasst (284-294). Besondere Bedeutung wird hier dem in Prag lebenden Deutschen Nikolaus Lehmann zugesprochen, der unter dem Pseudonym Nikolaus Mann eine monografische Studie zu Gabriel von Max verfasste und, seine weltweiten Kontakte nutzend, mit Bildern des Künstlers handelte. In Prag ist die Rezeption des Maxschen Werks meist im nationalen Milieu beheimatet. Dies spiegelt sich einerseits in den Arbeiten zahlreicher ihm nachfolgender böhmischer, sich zur tschechischen Nationalität bekennender Künstler wieder. Viele von ihnen hatten Studienaufenthalte in München durchlaufen, manche sogar bei von Max, der ab 1878 eine Professur für Historienmalerei an der Münchner Akademie inne hatte, studiert. Andererseits unterstützt die tschechische Kunstkritik diese Ansicht durch die besondere Wertschätzung in Böhmen gebürtiger Künstler, wie auch Gabriel von Max. Inhaltlich argumentierten die tschechischen Kunstkritiker (u.a. Karel Purkyně, Jan Neruda, Miroslav Tyrš) ähnlich wie die Kollegen im deutschen Raum, wenn sie zwar Max' technische Fertigkeit lobten, aber seine Themenwahl besonders ab den 1870er-Jahren kritisierten. Diese Einschätzung stellt ein interessantes Ergebnis des Beitrags von Roman Prahl dar, und es wäre wert, dies genauer zu betrachten (295-311).

Neben den oben beschriebenen inhaltlichen Ergebnissen ist die im Anhang des Bandes befindliche Auflistung der auf den Jahresausstellungen des Prager Kunstvereins ausgestellten Arbeiten von Gabriel von Max besonders wertvoll. Die abgebildeten Reproduktionen oftmals verschollener Maxscher Werke aus tschechischen Journalen der Zeit (Světozor, Zlatá Praha) sowie das umfassende Quellenmaterial aus der tschechischen Publizistik, das allerdings nur punktuell zitiert wird, sind außerdem von großem Interesse für die Forschung. Alles in allem ergänzt sich die Publikation bestens mit der des Münchner Lenbachhauses, indem sie sich auf die Kunst des Gabriel von Max konzentriert und das Werk des Europäers Gabriel von Max neben dem offensichtlichen Münchner Hintergrund auch mit seiner böhmischen Heimat in Verbindung setzt.


Anmerkung:

[1] Siehe dazu auch Elisa Tamaschke: Rezension von: Karin Althaus / Helmut Friedel (Hgg.): Gabriel von Max. Malerstar, Darwinist, Spiritist, München 2010, in: sehepunkte 12 (2012), Nr. 3 [15.03.2012], http://www.sehepunkte.de/2012/03/19206.html.

Caroline Sternberg